Am Mittwoch dem 8. März gab es im Stuttgarter Landtag eine aktuelle Debatte zum Thema Luftreinhaltung, bei der ich für unsere Fraktion gesprochen habe.
Beantrag hatte die Debatte die AfD mit dem Titel Fahrverbote durch Feinstaub: Grün-schwarze Panikpolitik zum Schaden der Dieselfahrzeughalter und der baden-württembergischen Automobilindustrie, worauf ich zu Beginn eingegangen bin und den Titel als „falsch“ bezeichnet habe… Als einzige Redner haben Verkehrsminister Winne Hermann und ich auf die wirklichen „Opfer“, nämlich die von den Luftschadtstoffenen betroffenen Menschen, hingewiesen.
Koll. Rivoir, Redner der SPD meinte in seinem Beitrag mit Blick auf die Halter eines relativ jungen Diesel-Fahrzeugs, dies sei die „soziale Frage“. Dies habe ich in der zweiten Runde, bei der ich noch 30 Sekunden Redezeit hatte, strikt zurückgewiesen, denn die Gesundheitsgefahr ist die eigentliche soziale Frage. Und weder die FDP noch die SPD haben eigene Vorschläge gemacht, wie die Grenzwerte zukünftig einzuhalten sind.
Nachfolgend mein Redemanuskript oder als Video Direktlink TOP 2 Aktuelle Debatte
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
Sehr geehrte Abgeordnete, liebe Kolleginnen und Kollegen!Wenn ich mir Sie, die AfD so anhöre, fallen mir immer Sparschweine ein:
Je weniger Inhalt darin ist – desto lauter klappern Sie.
Das fängt schon mit dem Titel der aktuellen Debatte an. Der geht am Thema vorbei, der ist falsch.
1. Es geht nicht um Fahrverbote durch Feinstaub!
Es geht um die Gesundheitsgefahr an einigen Straßen in Stuttgart. Der Feinstaub ist ein Teil des Problems. Das größere Problem sind aber die Stickoxide.
Aber das haben Sie offensichtlich nicht verstanden.
2.Wir machen keine Panikpolitik – dafür sind Sie ja die Experten – wir handeln verantwortungsbewusst.
Und die Landesregierung muss handeln. Sie muss selber handeln, denn sonst hätten das die Gerichte getan, mit ungewissen Folgen.
Worum geht es also eigentlich?
In Stuttgart und manchen anderen Städten werden die Grenzwerte für Luftschadstoffe überschritten.
Die Bürgerinnen und Bürger müssen also vor den Schadstoffbelastungen geschützt werden!
Und das Land ist zudem wegen der Überschreitung der Grenzwerte mehreren Gerichtsverfahren ausgesetzt.
Sowohl die Gesundheit der Menschen, aber auch ihre Mobilität sind für uns wertvolle Güter, die wir schützen wollen.
Und in Abwägung dieser beiden Schutzgüter sind wir in Abstimmung mit der Stadt Stuttgart
und dem Koalitionspartner zu der jetzt beschlossenen Fortschreibung des Luftreinhalteplans gekommen.Und der basiert auf wissenschaftlichen Fakten!
Der AfD fallen zum Thema Luftreinhaltung nur die Halterinnen und Halter von Dieselfahrzeugen als Opfer ein.
Das halte ich gegenüber den wirklichen Opfern der Schadstoffe für unverantwortlich, ja schäbig!
Die europäische Umweltagentur hat im letzten November neue Zahlen zu vorzeitigen Todesopfern aufgrund von Luftverschmutzung veröffentlicht:
In Deutschland sind 2013 über 84.000 Menschen wegen Feinstaub und Stickstoffdioxid vorzeitig gestorben.
Das sind 25-mal so viele Tote wie durch Verkehrsunfälle, 2013 hatten wir da gut 3300 Opfer zu beklagen.
Deswegen ist es wichtig und richtig, dass die Landesregierung beim Thema Luftverschmutzung handelt.
Und das macht sie nicht erst ab 2018, sondern schon länger.
Erfolgreiche und bewährte Maßnahmen sind z.B.
die grüne Umweltzone,
die Verkehrsverstetigung,
der Ausbau des öffentlichen Verkehrs und
die Förderung des Radverkehrs,
aber auch die Baumaschinenverordnung
und die Kaminofenverordnung.Luftreinhaltung hat also schon viel früher begonnen und besteht eben nicht ausschließlich aus Verkehrsverboten.
Und der Erfolg der genannten Maßnahmen ist belegt.
Die grüne Umweltzone gilt in 25 Städten in Baden-Württemberg.
Deswegen werden heute die Feinstaubgrenzwerte an fast allen Orten eingehalten,deswegen ist der Anteil des Dieselrußes aus Autoabgasen wegen der Partikelfilter auf wenige Prozent an der Feinstaubbelastung zurückgegangen.
Andere Beispiele für die Landeshauptstadt sind:
Baumaschinen dürfen in Stuttgart nur noch mit Rußpartikelfilter betrieben werden.
Sog. Komfortkamine – dürfen an Tagen mit hoher Schadstoffbelastung auch nicht mehr betrieben werden.
Verkehrsmanagement, also alles, was zu einer Verstetigung des Pkw-Verkehrs führt, gehört schon lange zu den Instrumenten von Landesregierung und Kommunen.
Allein in Stuttgart gibt es 69 grüne Wellen. Die längste von Ihnen umfasst 21 Ampeln.Durch den Ausbau des öffentlichen Verkehrs steigen die Fahrgastzahlen in allen Städten Baden-Württembergs an – auch der VVS hatte im letzten Jahr wieder einen Fahrgastrekord.
Nehmen Sie als jüngstes Beispiel nur die drei Relex-Buslinien, die nicht durch die Stuttgarter Innenstadt fahren, sondern Tangentialverbindungen anbieten um den Talkessel zu entlasten.
Oder das Feinstaubticket, welches an Tagen des entsprechenden Alarms die Nutzung der ÖPNV deutlich günstiger macht.
Der Radverkehr wird hier im Parlament ja oft belächelt – zumindest von denen, die noch nie in Karlsruhe oder Heidelberg waren.
In Karlsruhe ist es in den letzten 15 Jahren gelungen, den Anteil des Radverkehrs in der Stadt um 10%-Punkte zu steigern.
Dies ging nicht zulasten des ÖPNVs, sondern des Autoverkehrs.
Heute ist Karlsruhe die erste Großstadt in Baden-Württemberg, die die Grenzwerte nicht nur bei Feinstaub, sondern auch bei Stickstoffdioxid einhält.
Die erwähnten Maßnahmen haben in Stuttgart zu großen Entlastungen geführt. Sie wurden so konzipiert, dass sie den Alltag nicht eingeschränkt haben.
Nur reichen diese Maßnahmen noch nicht aus.
Daher ist es folgerichtig, jetzt die nächsten Schritte zu unternehmen, damit die Grenzwerte endlich – Jahre nach ihrer Einführung – eingehalten werden!
Immer wieder wird auch behauptet, die Hauptquelle der Luftschadstoffe sei gar nicht der Verkehr.
Das stimmt so nicht!
Wahr ist, dass beim Feinstaub der Automotor mit ca. 7 % eine eher kleine Quelle ist.
Aber durch Abrieb und Aufwirbelungen kommen nochmal 44 % hinzu!Und das Hauptproblem ist der Stickstoffdioxid:
Hier emittiert der Autoverkehr 77 %,
er ist also für gut 3/4 der schädlichen Gase die originäre Quelle!Der Jahresmittelwert am Stuttgarter Neckartor liegt mit 82 µg/m3 mehr als doppelt so hoch wie der Grenzwert, der bei 40 µg/m3 liegt.
Stickstoffdioxid entsteht bei Verbrennungsprozessen – in der Industrie und durch Kaminöfen.
Hauptquelle ist aber der Straßenverkehr.Vor allem Dieselmotoren sind Produzenten dieser Schadstoffe.
Erst ab Schadstoffklasse Euro 6 weisen sie deutlich geringere Werte auf (wenn sie die nicht nur auf dem Prüfstand einhalten).
Ein wissenschaftliches Gutachten im Auftrag der Landesregierung hat ergeben, dass der Ausschluss von älteren Dieselfahrzeugen mit Abstand die wirkungsvollste Maßnahme zur Luftreinhaltung in Stuttgart ist.
Auf deutlich über 90 % der belasteten Strecken würden die NO2-Grenzwerte zukünftig eingehalten!Wir ergreifen Maßnahmen also nicht aus Jux und Dollerei, sondern entscheiden auf fundierter Grundlage, während von der Opposition zwar viel Gemecker kommt, aber keine wirksamen Alternativen vorgeschlagen werden.
Und die AfD lässt die wahren Opfer der Luftschadstoffe allein.Deshalb hat sich die Landesregierung in Abstimmung mit den Regierungsfraktionen
unter anderem für die Einrichtung eines gezielten Fahrverbots für ältere Dieselfahrzeuge in der Stuttgarter Umweltzone entschieden.Diese Zufahrtsbeschränkungen sollen ab 2018 nur an Tagen mit überhöhter Luftbelastung gelten.
Übrigens – schon jetzt erfüllen 30 % der Dieselfahrzeuge in Stuttgart die Norm, es wird erwartet, dass es bis zum Jahresende 50 % sind.
Uns ist sehr wohl bewusst, dass solche Eingriffe für einzelne Bürgerinnen und Bürger Einschränkungen ergeben. Wir halten den beschlossenen Maßnahmenkatalog in der Abwägung mit dem notwendigen Gesundheitsschutz aber für maßvoll und angemessen.
Für Betroffene, die aus nachvollziehbaren Gründen keine Alternative zum Pkw nutzen können, werden wir Härtefallregelungen vorsehen.
Fazit
Ich möchte also abschließend klarstellen:
Das Maßnahmenpaket ist umfassend – von der ÖPNV-Förderung bis zur Einschränkung der Komfort-Kaminnutzung. Es ist eben keine Handlungsanleitung zur Schwächung des Diesel, sondern im Gegenteil: es setzt darauf, dass der Diesel sauberer sein kann.
Vielen Dank!