Montag, den 22. Mai startet der EU-Projekttag. Bereits zum elften Mal diskutieren Schülerinnen und Schüler in ganz Deutschland mit Politikern über Europa. Der EU-Projekttag soll dazu beitragen, Europa zu entdecken und mitzugestalten. Da Landtagsabgeordneter Hermino Katzenstein (Grüne) an diesem Datum verhindert ist, besuchte er die Kraichgau-Realschule in Sinsheim schon in der Vorwoche.
Schulleiter Holger Gutwald Rondot begrüßt den Abgeordneten und verrät, dass die Schule erneut beim Schülerwettbewerb des Landtags von Baden-Württemberg und der Landeszentrale für politische Bildung sehr erfolgreich war.
Die Klasse 9 b mit ihrer Lehrerin Gerlinde Pöhler ist bestens vorbereitet.
Vier Schüler tragen anhand einer selbst gestalteten Zeitleiste die Entstehung und Entwicklung der EU mit den wichtigsten geschichtlichen Wegmarken vor.
Weitere Schülervorträge behandeln den Europäischen Binnenmarkt, das Schengen-Abkommen, die EZB und ihre Aufgaben, die Währungsunion, das Europäische Parlament und die EU-Kommission, wobei sich an jeden Kurzvortrag der Schülergruppen ein Frage-und-Antwortspiel mit dem Abgeordneten anschließt. Schnell füllt sich die Tafel mit den zugehörigen Postern, die von den Gruppen anschaulich gestaltet wurden. Den Beiträgen merkt man an, dass sich die Schülerinnen und Schüler intensiv mit der Materie befasst haben. So spricht ein Jugendlicher die Schwierigkeit an, sehr unterschiedliche Wirtschaftssysteme unter eine gemeinsame Währung zu bringen, was letztlich auch zur Griechenlandkrise geführt habe.
Katzenstein zeigt sich als überzeugter Europäer und betont die Errungenschaften. Das Wichtigste für ihn: Dass es seit über 70 Jahren keinen Krieg mehr in Mitteleuropa gibt. Gemeinsam sei Europa stark und könne im globalisierten Weltmarkt bestehen.
Das Prinzip der Solidarität und des Ausgleichs komme kleineren und benachteiligten Mitgliedsländern zugute. Der Abgeordnete erinnert auch daran, dass Reisen früher nicht so einfach waren wie heute. Er empfiehlt Erasmus, das EU-Austauschprogramm für Studierende, das inzwischen auch auf Schüler und Azubis ausgeweitet wurde.
Schade sei, dass die EU in der öffentlichen Wahrnehmung eine zu geringe Rolle spiele, bemerkt der Abgeordnete und fragt: „Kennt ihr einen Europaabgeordneten?“ Keiner meldet sich. „Und wie heißt der deutsche Kommissar?“ Katzenstein gibt Hinweise: Er spreche Dialekt. Und sein Englisch… „Ach ja, stimmt, der Oettinger.“
Und dann sind die Jugendlichen mit ihren Fragen an der Reihe. Sie wollen wissen, ob es auch etwas gibt, das dem Abgeordneten an der EU nicht gefällt. „Die EU muss demokratischer werden“, meint Katzenstein. Er spielt darauf an, dass das EU Parlament zwar für die Gesetzgebung verantwortlich ist aber keine eigenen Gesetzesvorschläge einbringen kann. Es könne nur darauf reagieren, was die Kommission vorgibt.
„Und sie ist nicht nah genug bei uns Bürgern“, sagt er. Sehr gestört habe ihm im vergangenen Jahr, dass sich einige Regierungen in Europa in der Flüchtlingskrise nicht verantwortungsvoll und solidarisch verhalten hätten.
Ein Schüler stört sich an der Vorratsdatenspeicherung. Ein „schlauer Terrorist“ würde sich über das Deep Web mitteilen, sagt er. „Das ist so verschlüsselt, das ist nicht zu überwachen.“
Ein anderer will wissen, warum gerade die Älteren für den Brexit gestimmt haben. Nach dem Krieg, sagt Pöhler, sei es den Briten länger schlecht gegangen. Das Gefühl war: Wir haben gewonnen und stehen trotzdem als Verlierer da. „Die Älteren haben gegen den Brexit gestimmt und die Jüngeren müssen es ausbaden“, bemerkt Katzenstein.
Wie er zur AfD stehe, will ein Schüler wissen. „Die Partei kritisiert viel und gibt gern Schwächeren die Schuld – bietet aber keine Lösungen an“, sagt der Abgeordnete.
Und warum hat er sich für die Grüne Partei entschieden? Katzenstein nennt den Klimawandel als dringendstes Problem: „Wenn wir alle unser Verhalten nicht ändern, werden wir massive Probleme bekommen – die Grünen haben hier die schlüssigsten Konzepte.“