Radverkehrsexperte Katzenstein begutachtet Radweg durchs Kirstetter Tal – Schotterweg ist Teil des Radnetzes Baden-Württemberg

Obrigheim. Schlaglöcher, loses Geröll und teils faustgroß aufragende Grundsteine- der Radweg im Kirrstetter Tal gleicht stellenweise eher einem Mountainbike-Trail. Deswegen versuchen die Kreisverbände des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) und der Grünen seit Jahren ebenso beharrlich wie erfolglos die Gemeinde von der Sinnhaftigkeit und Machbarkeit der Ertüchtigung des letzten wassergebundenen Teilstücks zwischen Mosbach und Sinsheim zu überzeugen- so die technische Bezeichnung für Splitt- und Schotterwege.

Bei MdL Hermino Katzenstein, Sprecher für Radverkehr der grünen Landtagsfraktion, trifft man auf offene Ohren. Der Abgeordnete aus Neckargemünd reist stilgerecht mit dem Rad an. Zusammen mit Randolf Oggel und Rainer Neumann vom ADFC sowie Hans-Detlef Ott von den Kreisgrünen traf man sich zum Ortstermin mit Ortsbaumeister Peter Martin von der Gemeinde Obrigheim. „Das ist ein gefährlicher Weg, besonders nach Regen oder längerer Trockenheit“, so Ott. Wegen des Zustandes werde er leider kaum von Alltagsradfahrern genutzt, obwohl dank E-Mobilität auch die Steigungen kein Problem wären.

 Katzenstein macht deutlich, dass der Weg als Teil des Landes-Radnetzes eine überörtliche Bedeutung hat und ausgebaut werden sollte. 50 Prozent der Kosten übernehme das Land, die Beantragung sei jederzeit möglich und nicht an Fristen gebunden. „Wir wollen erreichen, dass mehr Leute aufs Rad umsteigen“, so der Abgeordnete. Auch um die Klimaschutzziele zu erreichen, denn gerade im Verkehrssektor gebe es noch viel zu tun. Besondere Bedeutung hätten dabei gut ausgebaute Radwege, damit Alternativen zum Autoverkehr bestünden. Hier seien alle Ebenen gefragt, betont der Abgeordnete. Mit dem Landes-Radnetz fördert das Land Baden-Württemberg den Ausbau wichtiger Verbindungen zwischen Mittelzentren. Dazu gehört auch der Abschnitt in dem beschaulichen Tal. „Es wäre schade, wenn Sie die Einzigen wären, die sich nicht am Ausbau beteiligen“, so Katzenstein an Martin gewandt.

Denn wie der Bauamtsleiter berichtet, habe sich der Gemeinderat in den bisherigen Beratungen gegen einen Ausbau der Schotterstrecke ausgesprochen. „Wenn wir den Weg asphaltieren, wird er zur Rennstrecke für Traktoren und PKW“, gibt Martin die Befürchtungen wieder. Ein Asphaltweg könne ausserdem durch die schweren Traktoren und Forstmaschinen beschädigt werden. Diesen Einwand konnte MdL Katzenstein nicht nachvollziehen- weisen die geteerten Abschnitte des Weges offensichtlich keine derartigen Schäden auf, obwohl sie von Fahrzeugen aus Forst- und Landwirtschaft genutzt werden. Nicht zuletzt scheue der Gemeinderat die Herstellungskosten von rund 400 000 Euro. Alle fünf Jahre werde der Weg durch den Wald für rund 7 000 Euro gefräst, neu eingeschottert und verdichtet. Das habe man mit dem Forst so abgestimmt. Die Diskussion bestehe seit längerer Zeit – einen Beschluss gebe es bisher aber nicht, so Martin.

Ott regte an, dass der Gemeinderat zu künftigen Beratungen einen Experten vom ADFC einlädt, damit ein Beschluss im Sinne des Radwegenetzes und der Radfahrer doch noch möglich werde. „Uns ist es ein Anliegen, dass wir Lücken schließen“, betont Randolf Oggel für den ADFC.

Ein ertüchtigter Radweg könne auch für Schüler eine Alternative zu den teils überfüllten Bussen sein – im aktuellen Zustand sei das aber keine Option, sagt Ott und plädiert für ein Umdenken: Das Fahrrad werde häufig noch als reines Freizeitgefährt angesehen und nicht als Verkehrsmittel um täglich zur Arbeit oder zur Schule zu kommen, so der passionierte Radfahrer.

Einen von Bürgermeister Walter im Vorfeld angebotenen Termin im Spätjahr wolle MdL Katzenstein gerne annehmen. Der Bürgermeister selbst war an dem Termin verhindert.